Mietrecht – Schnarchen als Mietmangel (Urt. v. 25.03.2010 – 6 C 598/08)
Schuldrecht BT / Mietrecht / Mängelgewährleistung |
Relevanz
Mängelgewährleistung im Mietrecht ist spannend für Examensklausuren. Gerade der Mangel kann verschiedenste Formen annehmen. Auch in Folge 32 unseres Podcasts haben wir bereits über den noch relevanteren Fall der Schönheitsreparaturen in Mietwohnungen gesprochen.
Kurzzusammenfassung
Im Jahre 2010 hat ein Paar gegen seine Vermieterin geklagt. Grund dafür war, dass eine als „renoviert“, „modernisiert“, „in ruhiger Lage“ und „ruhige Wohnung“ beschriebene Wohnung nicht ganz so ruhig war, wie von der Maklerin beschrieben. Der unter dem Paar wohnende Nachbar (N) neigte zu lautem Schnarchen. Dass eine entsprechende Schallisolierung nicht verbaut war und deshalb der N deutlich zu hören war, wurde nicht durch die Maklerin offengelegt. Das Schnarchen des N nahm für das Paar unerträgliche Ausmaße an und führte schließlich zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen.
Hat das Paar einen Anspruch auf Minderung der Miete aus § 536 I BGB?
Problem
Fraglich ist, ob das Schnarchen des N einen Mietmangel darstellt, weshalb eine Mietminderung beansprucht werden kann. Gem. § 536 I BGB kann der Mieter die Miete mindern, wenn ein vorliegender Mangel die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache aufhebt oder mindert, von der Mietzahlungspflicht vollständig oder in angemessener Höhe befreit werden. Ein Mangel ist jede negative Abweichung des Ist- von der Soll-Beschaffenheit.
Schallisolierung als Mangel
Hier könnte die nach heutigen Standards mangelhafte Schallisolierung einen entsprechenden Mangel darstellen. Üblicherweise ist in Altbauwohnungen jedoch keine nach heutigen Standards installierte Schallisolierung vorhanden. Maßgeblicher Zeitpunkt hierfür ist der Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes.
Bei einem Altbau ist es zumindest naheliegend, dass keine besonders starke Schallisolierung vorliegt, da früher die Deckenkonstruktionen durch Holzbalken gebaut wurden.
Schnarchen des Nachbarn als Mangel
Hier hat das AG Bonn verdeutlicht, dass ein Mieter einer Altbauwohnung nicht davon ausgehen kann, dass keinerlei Wohngeräusche der Nachbarn in die eigene Wohnung dringen. Das Schnarchen kann nur einen Mangel darstellen, wenn eine das Schnarchen ausschließende Vereinbarung getroffen wurde.
Die konkrete Vereinbarung beinhaltete zum einen „in ruhiger Lage“. Nach der Verkehrsauffassung stellt diese Beschreibung jedoch die Außenwelt, also die Umgebung der Wohnung dar und nicht das Innere der Wohnung. Zum anderen wurde die Wohnung als „ruhige Wohnung“ beschrieben. Eine solche Beschreibung spricht gegen das Vorliegen von lautem Schnarchen durch Nachbarn. Nach der Verkehrsauffassung sind in erster Linie das Wohnverhalten der Mitmieter und die Wohngeräusche gemeint. Es könne jedoch nicht hineininterpretiert werden, dass der Vermieter eine die Wohngeräusche der Mitmieter ausschließende Zusicherung machen wollte. Vielmehr hätte eine spezifischere Vereinbarung mit der Vermieterin getroffen werden müssen. Somit liegt kein Mangel der Mietsache in den durchdringenden Schnarchgeräuschen des N.
Das Paar hatte demnach keinen Anspruch auf Minderung der Miete gem. § 563 I BGB.
Entscheidung
AG Bonn, Urt. v. 25.03.2010 – 6 C 598/08.
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